Hallo Günter,
also soooo vernichtend war das nun auch nicht gemeint. :laugh: Allerdings ist dieser Buchbinder auch, oder besser durch seine Auftragslage vor allem, Buchrestaurator, und von diesem Beruf sollte man das schon voraussetzen können. Er lehnt die handschriftliche Beschreibung von hochwertigen Leerbüchern zugunsten des Buchdruckes fast grundsätzlich ab, und zwar mit den Begründungen: Tinte währt nicht ewig im Erscheinungsbild und verursacht zudem noch den Verfall des Papiers. Etwas sauer war ich dann, als er meine Dr. Jansen Tinte mit Pelikan und Lamy Schulpatronentinten gleichstellte und mich kaum zu Wort kommen ließ. Also: Ich bin an aller Art von Kunst rund ums Schreiben und rund um deren Accessories interessiert und meine Absicht ist es natürlich nicht, den Beruf des Buchbinders oder Restaurators in irgend einer Weise nicht zu würdigen!

Ich war nur einfach nicht so zufrieden, wie ich gerne zufrieden gestellt werden wollte.
Ich habe mich über dieses Thema mit echten Experten auseinandergesetzt, hier die E-Mail Korrespondenz (lieber Michael: es wurde abgesprochen, daß ich die Mails posten darf!

), damit hier alle Interessierten etwas von meinen Recherchen haben:
1. Korrespondenz mit Herrn Prof. Dr. Wolfgang Wächter, Gründer des Zentrums für Bucherhaltung an der Deutschen Bücherei Leipzig unf Erfinder des automatisierten Papierspaltverfahrens:
Meine Frage:
Guten Tag, sehr geehrter Herr Professor Wächter,
ich wende mich an Sie, da Sie mir gleich von mehreren Buchbindern als Spezialist empfohlen wurden. Ich selber bin Laie, habe mir aber ein Leerbuch handarbeiten lassen, um in diesem meine Memoiren handschriftlich mit Tinte niederzuschreiben. Die Buchbinder sprachen mir ihre Empfehlung auch hinsichtlich des Themas der Beschaffenheit von Tinten aus. Tintenfraß soll die Hauptursache für den Verfall wertvoller handgeschriebener Werke sein. Da Sie sich mit diesem Thema wohl sehr intensiv beschäftigt haben frage ich nun nach Ihrem Rat:
Welche erwerbbare Tinte würden Sie generell empfehlen, bzw. wie sollte ich mir eine Tinte in der Apotheke herstellen lassen? Das benutzte Papier ist ein dickeres Büttenpapier aus Italien (Hersteller mir nicht bekannt, aber gute Qualität), würde gerne einen sehr exklusiven Füllhalter zum Schreiben benutzen.
Wenn es Ihre Zeit erlaubt, würde ich mich über eine Antwort sehr freuen.
Viele Grüße
Alexander Reich
Antwort:
Sehr geehrter Herr Reich,
aufgrund Ihrer Darstellung der Problematik, \"Memoiren\" dauerhaft herzustellen, empfehle ich Ihnen als Schreibstoff eine gute chinesische Schreibtusche. Gute Qualitäten sind chemisch ohne Probleme und überdauern die Zeiten ohne sichtbare Veränderungen. Sie sollten die Anwendung von Schreibtusche mit Ihrem Schreibgerät ausprobieren und sich vielleicht beim Verkäufer beraten lassen.
In diesem Sinn wünsche ich Ihnen eine \"flüssige Feder\" und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Professor Dr. Wolfgang Wächter
2. Daraufhin Korrespondenz mit Herrn Dr. Jansen (De Atramentis handgefertigte Tinten)
Frage:
Sehr geehrter Herr Dr. Jansen,
bitte gestatten Sie mir eine etwas spezielle Frage:
Ich bin seit gestern in einem kleinen Dilemma, d.h. ich weiß einfach nicht, was richtig ist.
Ich war gestern beim Buchbinder, um mir ein paar besondere Handarbeiten an meinem neuen Leerbuch ausführen zu lassen, in das ich meine Memoiren handschriftlich verewigen möchte.
Diesen sprach ich dann auch direkt auf das Thema Tinten und deren Haltbarkeit an. Der Buchbilder schilderte mir in etwas übertriebener Form, wie ich fande, vom Tintenfraß und den Vorteilen des Buchdrucks gegenüber der eigenen Handschrift in Tinte.
Tintenfraß kommt, meinen Informationen zufolge, aber wohl im erwähnenswertem Maße, nur bei Eisengallustinten vor, die mit der Zeit eine schwefelhaltige Subtanz bilden und das Blatt angreifen. Weil ich trotzdem ein wenig unsicher war, kontaktierte ich Herrn Prof. Dr. Wolfgang Wächter, Gründer des Zentrums für Bucherhaltung an der Deutschen Bücherei Leipzig unf Erfinder des automatisierten Papierspaltverfahrens, der auch freundlicherweise Antwortete und mir einen großen Teil meiner Unsicherheit nahm. Er sagt, heutige Tinten hoher Qualität verursachen äußerst selten Papierfraß und bleiben in gleicher Form über Jahrhunderte erhalten. Besonders hebte er allerdings die schwarze chinesiche Schreibtusche hervor, die sich wohl seit jeher sehr gut hält, jedoch sollte ich mit meinem Tintenfachmann Rücksprache halten. Schreibtusche ist allerdings nichts für meinen Montblanc.
Daher meine Frage: Was sagen Sie als eingesessener Fachmann über Ihre Tinten im Zusammenhang mit Tintenfraß, Dauerhaftigkeit und Farbänderung über eine längere Periode betrachtet? Welche Erfahrungen sammelten Sie?
Ist meine Tinte \"Terra di Sienna\" gut geeignet für so ein Vorhaben oder würden Sie andere empfehlen?
Würde mich über ein Statement sehr freuen, habe diese Frage auch im Forum von www.fountainpen.de gestellt, und deren User sind auch sehr interessiert an einer Antwort.
Viele Grüße
Alexander Reich
Antwort:
Sehr geehrter Herr Reich,
vielen Dank für Ihr Mail. Bitte entschuldigen Sie, dass
ich erst heute antworten kann. Ich war im Urlaub.
Das von Ihnen angesprochen Problem ist nichts für einen
Buchbinder. Die Problematik von dem so genannten Tintenfrass
mit den Vorzügen des Buchdruck zu vergleichen ist ………..!!!!!!
Der richtige Ansprechpartner war sicherlich Prof. Dr. Wolfgang Wächter.
Mit dieser Problematik befassen sich namhafte Wissenschaftler weltweit,
da kostbarste Handschriften vom Zerfall bedroht sind.
Hier nun meine Stellungnahme:
Eisengallustinten - Diese sind nicht für Füllfederhalter geeignet – Finger weg.
Zum Schreiben mit der Eisengallustinte nimmt man einen Federkiel. Eine Stahlfeder
ist wegen der Säure nur bedingt geeignet - Sie rostet auf jeder Fall
wie Teufel - gegebenenfalls vergoldete Stahlfedern verwenden.
Es gibt eine unübersehbare Menge von Vorschriften und Rezepte
um eine Eisengallustinte zu herzustellen. Hierbei ist das Verhältnis von Tannin
zum Eisen(II)-sulfat und auch die Art
des Eisen(II)-sulfats wichtig. Es gibt sehr alte Koranhandschriften,
die mit einer Eisengallustinte geschrieben wurden und keinerlei Tintenfrass aufweisen.
Dagegen Sie Handschriften aus dem 19. Jahrhundert schon total zerfressen.
Weite möchte ich mich über dieses Thema nicht auslassen,
es würde den Rahmen dieses Schreibens sprengen.
Tinten für Füllfederhalter.
Hier kann ich nur von meinen Tinten für Füllfederhalter reden. Meine Tinten
verursachen auf keinen Fall einen Tintenfrass – ph-neutral. Ich nehme nur die hochwertigsten
säurefreien Farbstoffe aus europäischer Produktion (BASF, Bayer usw.) und keine
säurehaltigen Billigfarbstoffe
Diese Farbstoffe gewährleisten einen sehr hohen Tinten-Qualitätsstandard.
Diese Tinten sind bei sachgemäßer Behandlung nahezu unbegrenzt haltbar –
ebenso das mit Ihr geschrieben Wort.
Hierbei ist aber folgendes zu beachten: Alle Tinten für Füllfederhalter sind
nicht dokumentenecht d.h. auch nicht lichtbeständig. Es gibt keine
Farbstoffe für Füllfederhalter-Tinten die lichtbeständig sind.
Die so genannten Dokumenten-Tinten
Es gibt keine dokumentenechte Tinte für Füllfederhalter.
Kein Hersteller kann ein Zertifikat (welches allerdings
notwendig wäre) hierfür aufweisen.
(Ausnahme die echte Goldtinte von Nanosolutions-Hamburg)
Achtung! Alle so genannten dokumentenechten Tinten weisen folgende
Problematik auf:
1. Sie haben einen gewissen Anteil an Eisengallustinte -
Finger weg – diese Tinten sind nicht säurefrei. Sie können
zwar bei bestimmten Füllfederhalter verwendet werden –
andere werden, bedingt durch die diversen verwendeten Kunststoffe
sicherlich zerfressen.
Keine eisengallushaltige Tinten in Füllfederhalter
2. Sie haben einen gewissen Russanteil –
Diese Tinten zerstören den Füllfederhalter zwar nicht,
sie können ihn allerdings verkleben oder verstopfen.
Es ist manchmal zwingend notwendig eine solche
lichtbeständigen Füllfederhalter-Tinte zu verwenden
(z.B. Notare usw.) - darum auf jeden Fall einen
preiswerten Füllfederhalter verwenden.
Aus der Problematik von Pos. 1 und 2 ist dann das Märchen
entstanden, dass schwarze Tinten für Füllfederhalter problematisch sind –
verkleben – verstopfen usw. - ein Märchen.
Für eine richtige schwarze Tinte für Füllfederhalter werden die gleichen
Farbstofftsorten verwendet wie für z.B. eine königsblaue Tinte. Das
Verhalten ist absolut das Gleiche. Nicht wird verstopft oder verklebt.
Diese schwarzen Tinten für Füllfederhalter weisen allerdings nicht
die totale Schwärz wie eine russhaltige oder eisengallushaltige
Tinte auf, darum sind sie jedoch vollkommen unschädlich
für den Füllfederhalter. Sie haben auch die gleiche Schreib- und
Fließeigenschaften wie z.B. eine königsblaue Tinte.
Chinatuschen
Diese Tuschen sind für Füllfederhalter nicht geeignet.
Finger weg – auf keinen Fall verwenden.
Gute Chinatuschen werden aus Kiefernruss und diversen
Baumharzen hergestellt. Die Herstellung ist sehr aufwändig.
Sie werden teilweise sehr lange gekocht.
Gute Chinatuschen sind außerdem relativ teuer.
Chinatuschen sind für den Pinsel und nicht für den Füllfederhalter.
Für Ihren Montblanc-Füllfederhalter empfehle ich Ihnen meine Tinten oder die
Tinten von Montblanc. Schreiben Sie unbesorgt mit diesen
Tinten Ihr Lesebuch. Wenn Sie dieses handgeschrieben Lesebuch
dann nicht wochenlang ungeschützt in die strahlenden Sonne
legen, werden sich viele Generationen später Ihre Nachfahren
auch noch an diesem Buch erfreuen.
Noch ein Hinweis:
Die verschiedenen Tintenfarben haben auch
verschiedene Lichtbeständigkeiten. So hat z.B. Königsblau
und schwarz eine sehr geringe Lichtbeständigkeit.
Viele Grüße vom Mittelrhein
Tintenmanufaktur Jansen
DE ATRAMENTIS ®
Dr. rer. oec. Franz-Josef Jansen
Viel Spaß damit
Alex
Post edited by: areich, at: 2005/08/29 21:11
Post edited by: areich, at: 2005/08/29 21:17